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Snapchat | Wie aus Abneigung eine fantastische Reise in die bunte Welt wurde

Dieses Snapchat! Noch vor einigen Wochen sprach ich nur abfällig über diesen Social Media Kanal. Aber ist ja auch kein Wunder, denn von überall hörte man: Ist nur was für junge Leute. Nur bis 25 Jahre! Ja ja…was sollte ich da erst sagen? Mit 45 musste ich es also gar nicht erst ausprobieren? Ich gebe zu, ich bin anfällig für Gerede. Lasse mich manipulieren und hineinziehen in den Sog der allgemeinen Meinung. Dieser Zustand dauert allerdings meist nicht lange. Denn, wie wir alle wissen…ich bin ein Input-Junkie. Neugierig bis zum Gehtnichtmehr. Taucht ein neues Thema auf, will ich mit allen Mitteln in die Materie eintauchen. Fast schon exzessiv. So intensiv, dass sich aus der anfänglichen Abneigung auf den kleinen gelben Geist, erstaunlicher Weise eine kleine Liebe entwickelte…


Heute frage ich mich, warum meine ersten Gehversuche mit diesem jungen Social Media Kanal so holperig waren. Ich denke, im Allgemeinen lag es an der Handhabung. Eine Social Media Plattform muss für mich direkt, klar und durchsichtig sein. Einfach in der Bedienung und ohne komplizierten Schnickschnack. Genau so, wie es Snapchat…NICHT ist. Zumindest nicht für jemanden, der keine Lust hat, sich durch Anleitungen bei Google zu kämpfen. Schließlich wäre es genauso, als würde ich die Bedienungsanleitung für die Abspielfunktion eines DVD-Players brauchen.

Hinzu kam, dass ich irgendwann, irgendwo…ihr wisst, ich bin erstmal anfällig…aufgeschnappt hatte, dass ein Foto oder ein Video sofort online geht, sobald es im Kasten ist (was ja gar nicht stimmt). Dieser Umstand hat dazu geführt, dass ich mich nicht mehr getraut habe jedes Icon probeweise anzuklicken. Und überhaupt…es hieß, es wird nicht auf Schönheit und Ästhetik geachtet. Snapchat zeigt die hässliche Seite des Lebens.

Als dann in den Communities alle ihre Snapchat-Accounts teilten, mutierte ich natürlich auch zum Lemming und mein, fast schon ungesunder, Ehrgeiz war geweckt. Nachdem ich einige Zeit, nicht gerade ladylike, erst Snapchat, dann mein Handy und zum Schluss dieses ganze Internet beschimpfte, erbarmte sich die Tochter meiner und gab mir ein Coaching von gerade mal zwei Minuten.

BÄÄÄÄMM! Der Knoten platzte mit solch einer Wucht, dass die Druckwelle gefühlt die Wände zum erzittern brachte. Kein Quatsch! Das Portal am Ende des Tunnels war aufgesprungen und blendete mich mit seiner strahlenden Erleuchtung. Hinaus trat ein kleiner gelber Geist, zwinkerte mir schelmisch zu und reichte mir eine fingerlose Hand, um mich in seine bunte Welt voller Geschichten zu entführen.

Geschichten von Freunden, Fremden, neuen und alten Bekannten. Mein neuer kleiner Freund schwebte mit mir von Tür zu Tür, öffnete sie auf magische Weise und ließ mich in die Wohnzimmer, Einkaufstaschen, Betten, Kochtöpfe und vor allem…in die Köpfe aller reinschnuppern. In die Köpfe von kotzenden Einhörnern, bunten Dragqueens, Wikingern und Superhelden. Von Dickschädeln und Querköpfen. Verschlafen, ungeschminkt, traurig, lustig, bekloppt, total auf Speed (natürlich nur ne Metapher), nachdenklich, informativ oder einfach…authentisch.

Von Hässlichkeit keine Spur.

Und dann führte mich mein kleiner Freund durch eine Tür, an der mein Name stand. Zuerst verfiel ich in Schockstarre, denn mein Raum war dunkel und leer. Nur ein großer rot leuchtender Knopf blinkte mich rhythmisch, ja, fast ungeduldig, an. Ich schaute den Kleinen überfordert und ängstlich an. Dieser zuckte nur die Schultern, ließ sanft meine Hand los und verschwand mit einem kleinen Kichern aus dem Raum.

Da stand ich nun…einsam und verlassen. Am liebsten wäre ich wieder hinaus gegangen. Hinaus, um weiter hinter die anderen Türen zu schauen, doch dieser leuchtende Knopf hielt mich magisch fest. Ich konnte den Blick nicht mehr von ihm wenden. Wie durch einen Traktorstrahl angezogen, bewegte ich mich auf ihn zu. Was würde passieren, wenn ich ihn betätigte? Plötzlich spürte ich einen Frosch im Hals…er hüpfte ganz aufgeregt hin und her. Ich versuchte ihn durchs Räuspern zu beruhigen, aber seine Aufregung war nicht zu bremsen.

„Tu es endlich!“ Sagte eine ungeduldige Stimme. „Sei kein Feigling!“ Ich blickte mich auf der Suche nach der Stimme erschrocken um und sah mich selbst mit verschränkten Armen an der Wand stehen. „Echt jetzt?“ schimpfte mein anderes Ich. „Du bist doch immer so wild darauf, deine verdammte Neugierde zu befriedigen! Also vertrödele nicht meine kostbare Zeit und drück endlich diesen lächerlichen Knopf!“ Mein anderes Ich hampelte entnervt rum, was mich etwas sauer machte. Die hat gut reden. Die ist ja auch viel mutiger als ich. „Dann mach du doch, wenn du es unbedingt willst!“ entfuhr es mir. Mein toughes Ich trat entschlossen neben mich, atmete tief ein und drückte diesen doofen Knopf.

Mein Spiegelbild erschien und füllte den ganzen Raum aus. Ich sah in meine eigenen panischen Augen.

„Und jetzt?“ flüsterte ich.
„Du musst was erzählen“ raunte sie mir zu.
„Das kann ich nicht! Unmöglich!“ erwiderte ich mit brüchiger Stimme und registrierte nur kurz, dass sie die Augen rollte und…etwas sagte…und…lachte.

Es war belanglos…nichtssagend…doch sie sprach. Und sie fiel nicht tot um oder wurde von bösen Snapchat-Monstern geholt, weil sie nicht perfekt war. Sie sprach und erzählte und wurde immer sicherer. Sie entdeckte lustige Filter und die Mal- und Schreibfunktion; drückte immer wieder den Knopf. Ich sah staunend zu und wollte das auch. Ich wollte auch mitspielen. Ich wollte auch den Regenbogen kotzen und als Batman Scheiben zerbersten. Ach ja, ich könnte auch endlich mein Lieblingsfrühstück zeigen. Und wie man sich perfekt zum Affen macht. Ja, das wollt ich.

Mittlerweile hüpfte ich ungeduldig von einem Bein aufs andere…irgendwann schubste ich sie zur Seite und sagte: „Danke, Schwester! Du hast jetzt erstmal Sendepause.“ Sie ließ mich mit großem Grinsen gewähren.
„Was ist?!“ rief ich.
„Du sieht übrigens ziemlich kacke aus…so nicht gekämmt und nicht geschminkt“.
„Scheiß drauf!“ entfuhr es mir. Erschrocken hielt ich mir die Hand vor den Mund. Ups!.
Wir lachten laut los, dann drehte sie sich um und warf einen Blick in den Gang!
„Einige Türen leuchten wieder. Ich glaube, es gibt neue Geschichten anzuschauen.“ Mit diesen Worten verschwand sie in den Flur. Natürlich war ich hin und her gerissen.
„Warte!“ ich hechtete hinter ihr her. „Ich komme mit!“ Doch leider kam ich nicht weit, denn ich prallte gegen ein weiteres, größeres Ich. Mit erhobenem Zeigefinger friemelte sie mir vor dem Gesicht herum, dass ihr Bettelarmband, bestehend aus kleinen Kochlöffeln, Staubsaugern, Schreibtischen, Schulbüchern usw., nur so klirrte und bimmelte.
„Kann es sein, dass wir die Zeit vergessen haben?!“ fragte mein vernünftiges Ich mit zusammengekniffenen Augen. Komisch, ich fühlte mich gerade so gar nicht wie 45 sondern eher wie fünf.

„Ähh….ich besitze keine Uhr?“ sagte ich kleinlaut.

Erst jetzt bemerkte ich, dass sie mit der zweiten Hand mein mutigeres Ich am Kragen gepackt hatte. Mit einem entnervten und ungeduldigen Grummeln schnappte sie auch mich und schleifte uns beide zurück in Richtung Portal. Ich verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und murmelte: „Doofe Spaßbremse…“ während mein mutiges Ich schmollend ein „Aber echt!“ grummelte.

Und ihr so? Wer von euch ist denn noch bei Snapchat unterwegs? Irgendwie ist das Finden von Accounts nicht so einfach, oder?

 

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3 Comments

  • Lady Stil

    Wuahahahaha, wie geil Monika! Du solltest definitiv mit dem Kurzgeschichtenschreiben wieder angfangen….ja jut, haste ja gerade! Ich bin noch nicht so weit wie Du….ich trau mich zwar auch zerzaust und ungeschminkt vor die "Kamera", aber mein Handy macht nicht alles mit! Filter Fehlanzeige, einfach zu alt…also das Handy ;-))))…dabei sind die Lidstriche super gezogen! Ja, wer jetzt denkt ich rede Kauderwelsch, der folgt Dir eben nicht! Grins!Liebe Grüße und bis gleich auf Snapchat,Moni

  • Kaddinator

    Ach mir ging es bei snapchat am Anfang auch so. Die App erst nicht verstanden, mich gefragt, was das soll. Aber jetzt liebe ich es. Vor meinem ersten snap hatte ich auch n bisschen schiss und fragte mich, was ich hier mache. Aber deine snaps erhellen mir immer meinen Tag. Du bringst mich so oft zum Lachen. Herrlich!

    • Monika

      Uuiii…jetzt werde ich ein bisschen rot, aber natürlich freue ich mich, wenn es dir gefällt…manchmal denke ich, ob ich nicht zu bekloppt rüberkomme, aber dann wiederrum: Ey, so bin ich nun mal ab und zu ;). Danke dir und bis nachher bei Snapchat <3

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